Rund ein Drittel der Glasschäden sind reparabel
Glaubt man der TV-Werbung, dann lauert das Unheil jederzeit und hinter jeder Kurve. Die Windschutzscheibe wird – etwa durch einen Steinschlag – beschädigt. „Richtig ist, dass selbst aus kleinen Glasschäden große werden können, jedoch nicht so, wie es manche TV-Werbung suggeriert“, schildert Alexander Bausch von TÜV SÜD seine Beobachtungen: „Gleichwohl sollten Autofahrer möglichst rasch eine Fachwerkstatt ansteuern.“ Die Frontscheibe muss nicht in jedem Fall ausgetauscht werden. „Rund 30 Prozent der Schäden sind reparabel“, weiß Bausch. Allerdings, „wenn das Fahrzeug beispielsweise eine Windschutzscheibenkamera für einen Spurhalteassistenten besitzt, dann sollte man für den Austausch nur eine erfahrene Fachwerkstatt mit der entsprechenden Ausrüstung beauftragen.“
Moderne Windschutzscheiben bestehen aus Verbundglas, einem Laminat mit mindestens zwei Scheiben, die durch eine Zwischenschicht aus Kunststoff verbunden sind. Zudem sind Kameras und Sensoren installiert, die bei einem Scheibenaustausch neu justiert werden müssen. Bei beinahe allen Fahrzeugmodellen ist die Frontscheibe fest in ihrem Rahmen verklebt. „Sie gilt heute als tragendes Fahrzeugteil und sorgt bei einem Unfall auch für den Schutz der Insassen“, erläutert Alexander Bausch.
Grundsätzlich ist ein Austausch fällig, wenn der Steinschlag im so genannten Fernsichtfeld des Fahrers liegt oder mehr als fünf Millimeter misst. Risse dürfen nicht mehr als fünf Zentimeter lang sein und nicht im Randbereich der Scheibe liegen. Zudem darf weder die Innenscheibe noch die zwischen den beiden Schichten liegende Folie Beschädigungen aufweisen. „Das Fernsichtfeld bildet ein 29 cm breiter Streifen mittig über zum Lenkradmittelpunkt und wird durch das Scheibenwischerfeld nach oben und unten begrenzt“, skizziert der TÜV SÜD-Sachverständige die entscheidende Stelle. Ist der Schaden nur punktuell und liegt nicht im Sichtbereich, kann in vielen Fällen die Scheibe repariert werden.
Dazu greifen die Profis zu Kunstharz. „Nach einer Reinigung und dem Entfernen von Luft mit einer Vakuumpumpe wird das Füllmaterial mittels Injektor in das Einschlagloch gepresst und unter UV-Licht ausgehärtet“, erläutert Bausch die Instandsetzung. Das Finish setzen schließlich Glasreinigung und -politur. Eine Scheibenantenne oder Heizdrähte bleiben unangetastet. Sie sind tiefer in der Frontscheibe eingearbeitet. Zahlreiche Fachbetriebe bieten auch eine Reparatur vor Ort an.
Den Zeitpunkt eines Glasschadens am Fahrzeug kann man sich nicht aussuchen. Daher haben Versicherungen, Autoclubs und Werkstattketten jeweils Hotlines eingerichtet, um Fachwerkstätten vor Ort zu benennen. „Vor der Auftragserteilung sollte man klären, welche Zusatzkosten durch einen etwaigen Noteinsatz außerhalb der üblichen Geschäftszeiten entstehen“, rät der TÜV SÜD-Fachmann.